ERP für Lohnbeschichtung: Kostenfalle Informationsdefizit vermeiden

Prozessorientierte ERP-Software sichert Datenverfügbarkeit und senkt Fehlerquoten. Wer in der Lohnbeschichtung Kosten senken will, muss Fehler reduzieren. Dieser einfache Satz lässt sich in der Praxis nicht immer leicht umsetzen. Dennoch bleibt Fehlervermeidung das Gebot der Stunde – und nicht nur mit Blick auf die Produktqualität, sondern auch auf die Qualität der Prozesse. Moderne ERP-Systeme sind prozessorientiert aufgestellt und unterstützen dadurch nicht nur präventiv bei der Fehlervermeidung, sondern auch bei der Fehlererkennung.
Erschienen in besser lackieren 1/2012

ERP Software für Lohnbeschichtung

 „Ein wichtiger Auftrag bekommt bei uns durchaus mal Begleitschutz“, so die selbstironische Aussage eines Pulverbeschichters. Geschützt wird keineswegs vor Zugriffen von außen, sondern vor Fehlern in der eigenen Fertigung. Mit dem „Begleitschutz“ stellt der Unternehmer sicher, dass ein Auftrag in allen Bearbeitungsschritten oberste Priorität erhält, den Mitarbeitern an den Anlagen alle erforderlichen Informationen vorliegen und eventuelle Schwierigkeiten sofort rückgemeldet werden.

Effizient ist eine solche Vorgehensweise nicht, aber nachvollziehbar. Schließlich steht bei einem wichtigen Auftrag einiges auf dem Spiel. Hohe Produktqualität und Termintreue sind ein absolutes Muss. Das Beispiel zeigt: Die Sorge des zitierten Geschäftsführers galt nicht etwa dem Können seiner Mitarbeiter, sondern möglichen prozessbedingten Missverständnissen und Fehlinformationen.

Qualität sichern heißt Prozesse verbessern

Ein Stammkunde liefert Fensterprofile zur Beschichtung an. Weil er sein Produkt immer beim gleichen Lohnbeschichter in der Farbe RAL 7040 beschichten lässt, schreibt er nur noch „grau“ auf den Lieferschein und nimmt an, dass damit alle Angaben bekannt sind. Sind sie auch – in den Köpfen des Betriebsleiters und einiger Mitarbeiter, die den Auftrag im Regelfall bearbeiten. Übernimmt ein anderer Mitarbeiter die Bearbeitung, bekommt er nur eine Lieferscheinkopie und geht davon aus, dass mit der Farbangabe „grau“ die Hausfarbe des Lohnbeschichters gemeint ist. Die Verwechslung wird dann erst in der Endkontrolle bemerkt.

So entsteht ein klar prozessbedingter Fehler: Der Mitarbeiter hatte die für den Auftrag erforderlichen Informationen schlicht nicht vorliegen. Mit einer einmaligen zentralen Erfassung der korrekten Farbangaben in den Kundenstammdaten eines ERP-Systems und der automatischen Bereitstellung der Information z.B. auf einem Betriebsauftrag ist eine solche Verwechslung praktisch ausgeschlossen.

Für die Komplexität der Farbangaben, wie sie in der Pulverbeschichtung erforderlich ist, sind jedoch nur einige ERP-Lösungen wirklich ausgelegt. Diese branchenspezifischen Lösungen bilden neben unterschiedlichen Farbsystemen – RAL, Pantone, NCS etc. – auch Hersteller, Glanzgrade und gegebenenfalls Charge ab. Designerfarben werden mit eigenen Preissystemen berücksichtigt, um Fehler bei der Rechnungsstellung zu vermeiden. Da viele Beschichtungsanlagen inzwischen Farbe rückgewinnen, sollte bei der Lagerverwaltung die Unterscheidung in frische und rückgewonnene Farbe möglich sein.

Langjährige Mitarbeiter in der Fertigung machen vieles aus Erfahrung richtig. Neue Kollegen oder Hilfskräfte dagegen haben Informationslücken, die sie im besten Fall durch Fragen füllen, im schlechtesten Fall nicht einmal erahnen. Wie steht es mit der Anlagentauglichkeit bestimmter Artikel? Wie muss ein bestimmtes Teil aufgehängt werden? Sind spezielle Halterungen angefertigt? Müssen für die Aufhängung Löcher gebohrt werden und an welcher Stelle? Wie hoch soll die Bandgeschwindigkeit sein und wie hoch die Temperatur der Öfen, sodass z. B. im Fall von Isolierprofilen die Isolierung nicht beschädigt wird?

Fertigungsplanung mit OMNITEC

Über die Fertigungsplanung einer ERP-Lösung können Arbeitsprozesse präzise in allen Teilschritten definiert werden. Die Informationen stehen den Beteiligten anschließend auf dezentralen Terminals oder einem ausgedruckten Betriebsauftrag zur Verfügung. Für die Lohnbeschichtung geeignete ERP-Lösungen hinterlegen neben Vorgaben zur Anlagenbelegung und -einstellung, Arbeitsanweisungen, Prüfvorgaben und Verpackungsvorschriften beispielsweise auch Fotos oder Skizzen, die einen Sachverhalt zusätzlich visualisieren.

Der Pionier im Qualitätsmanagement William Edwards Deming stellte fest, dass in 85% der Fälle, in denen Kundenanforderungen nicht erfüllt werden, die Fehlerursachen in Prozessen und Systemen begründet sind und nicht in den Mitarbeitern. Wer Fehlerquellen ausschalten und damit Qualität steigern sowie Kosten reduzieren möchte, muss bei den Prozessen ansetzen. Ein integriertes ERP-System, das branchenspezifisch vom Wareneingang über Lager, Fertigung und Qualitätsmanagement bis zu Auslieferung und Rechnungsstellung alle Geschäftsprozesse umfasst, wird zum zentralen Hilfsinstrument. Es gewährleistet, dass der richtige Mitarbeiter beim richtigen Arbeitsgang zur richtigen Zeit die richtigen Informationen erhält.

Prozessorientierter: ERP-Systeme im Wandel

ERP-Systeme waren lange Zeit funktionsorientiert auf die reine Einsatzplanung ausgerichtet. Moderne Lösungen stellen sich prozessorientierter auf und unterstützen dadurch nicht nur präventiv bei der Fehlervermeidung, sondern auch bei der Fehlererkennung.

Mit einer integrierten Betriebsdatenerfassung (BDE) beispielsweise geben ERP-Lösungen den Entscheidern ein wichtiges Monitoringinstrument an die Hand, um Schwachstellen im Unternehmen aufzudecken. Wie viele Quadratmeter konnten am Arbeitstag x gepulvert werden? Wie viele Teile hat eine bestimmte Anlage gefertigt und wie hoch waren die Rüstzeiten? Gab es Störungen an einer Anlage und wieviel Prozent der gefertigten Teile waren von schlechter Qualität? Informationsgewinnung per BDE kann über eine direkte Maschinenerfassung oder über die Erfassung an Leitständen oder BDE-Terminals erfolgen. Per Online-Anbindung werden die Informationen direkt an das ERP-System weitergeleitet.

Auf diese Weise wird die ERP-Lösung zur zentralen Schaltstelle für kontinuierliche Auftragsverfolgung, konsequentes Monitoring von Prozessen und nicht zuletzt einen schnellen, fehlerfreien Informationsfluss in alle Richtungen.