Digitalisierung – jetzt erst recht!

Schulen und Universitäten stellen auf Online-Unterricht um, Videokonferenzen ersetzen Meetings und Messen finden virtuell statt. Die Corona-Krise treibt die Digitalisierung in der Gesellschaft voran. Gerade jetzt ist es deshalb sinnvoll auch in der Oberflächentechnik über Digitalisierung zu sprechen – und welche Vorteile dadurch für Oberflächenveredler entstehen können. Als Spezialist für Softwarelösungen in der Oberflächentechnik beschäftigt sich die Softec GmbH aus Karlsruhe schon seit Jahren mit diesen Themen. Der folgende Artikel bietet einen Überblick darüber, wie Digitalisierung aussehen kann und wie der Einstieg in das Thema für Unternehmen gelingt.

Digitalisierung im Überblick

Digitalisierung ist als Begriff schwer zu fassen. Grundlegend beschäftigt sich Digitalisierung damit Informationen, Maschinen und Personen zu vernetzen. Oft wird im Zusammenhang mit Digitalisierung auch von Industrie 4.0 gesprochen. Dieser Begriff bezieht sich auf die bisherigen industriellen Revolutionen und ordnet die Digitalisierung als vierte industrielle Revolution in diese Reihe ein.

Schon vor Jahren wurden mit einer Fibu-Schnittstelle Systeme miteinander verbunden. Rückblickend würden wir heute auch schon hier von Digitalisierung sprechen. Prozesse in der Finanzbuchhaltung wurden optimiert und die elektronische Übermittlung von Daten ermöglicht, wodurch Fehler minimiert werden. Auch der elektronische Versand von Rechnungen per E-Mail ist ein solches Beispiel. Das bedeutet, die ersten Schritte in der Digitalisierung haben viele Betriebe schon gemacht, ohne sich dessen vielleicht bewusst zu sein.  

Wie bei einer Fibu-Schnittstelle spielen Optimierung und Fehlerminimierung eine Rolle in vielen Bereichen der Digitalisierung. Durch optimierte Prozesse kann beispielsweise auch die Geschwindigkeit in der Produktion gesteigert werden. Ein wachsender Aspekt der Digitalisierung ist außerdem die Energieeffizienz. Berechnung von Verschleppung, Badanalysen und ein Überblick über den Stromverbrauch zeigen, wo Ressourcen eingespart werden können.

Einstieg in die Digitalisierung

Über die Jahre hat Softec die Erfahrung gemacht, dass Unternehmen sehr unterschiedliche Bedürfnisse in Bezug auf Digitalisierung haben und großes Optimierungspotenzial in verschiedensten Prozessen sehen. Deswegen wäre es unangemessen, an dieser Stelle ein vorgefertigtes „Digitalisierungs-Paket“ vorzustellen. 

Stattdessen müssen sich Unternehmen individuell damit beschäftigen, welche Prozesse sie digitalisieren möchten. Dabei sollte immer im Mittelpunkt stehen, welcher Nutzen daraus entsteht – für das Unternehmen selbst, oder seine Kunden. Dazu wird auch keine groß angelegte Analyse der Prozesse benötigt. Es müssen nicht alle möglichen Digitalisierungsmaßnahmen vorab gefunden werden, sondern nur ein Startpunkt.
Ein erster Schritt dafür können Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über mögliche Verbesserungen im Arbeitsalltag sein. Diese können zum Beispiel zeitfressende oder unnötig komplizierte Arbeitsschritte identifizieren und weitere Optimierungspotenziale aufzeigen. Das kann als Basis dafür dienen, wo mit der Digitalisierung begonnen werden soll.

Hier folgen einige Beispiele, um darzustellen, wie unterschiedlich Digitalisierung aussehen kann.

Daten direkt im Wareneingang erfassen

Wenn bei einem Oberflächenveredler noch abends Waren angeliefert werden, kann es vorkommen, dass die Büros nicht mehr besetzt sind. Aufträge sammeln sich dort bis zum nächsten Morgen und müssen dann erstmal bearbeitet werden – alles läuft also zeitverzögert ab. Außerdem müssen meist die Daten vom Papier in ein ERP-System übertragen werden. Dafür könnte eine App im Wareneingang zum Einsatz kommen. Mit einem mobilen Gerät können Barcodes auf den Aufträgen gescannt werden, in denen alle relevanten Auftragsdaten bereits enthalten sind. Bei einem Oberflächenveredler könnten das zum Beispiel VDA-Labels sein, aber auch andere Barcodes eignen sich genauso dafür. Im Wareneingang scannen Mitarbeiter also die Aufträge, wodurch im ERP-System automatisch ein Auftrag generiert wird. Am nächsten Morgen kann die Produktion direkt starten – die Aufträge sind bereits im System!

Mit einer E-Mail-Anbindung Portokosten sparen

Oft werden auch heute noch Rechnungen per Post verschickt. Dadurch entstehen zusätzliche Arbeitsschritte – und zusätzliche Kosten. Neben dem Druck der Rechnungen fallen vor allem Portokosten für den Versand an. Hinzu kommt, dass viele Kunden von Oberflächenveredlern bereits selbst digitale Systeme für die Verwaltung von Rechnungen nutzen. Dementsprechend müssen die Papierrechnungen dann wieder eingescannt werden. Mit einer E-Mail-Anbindung können nicht nur Rechnungen, sondern auch Lieferscheine und Angebote per PDF an Kunden verschickt werden. Wenn es mehrere Ansprechpartner gibt, kann auch hinterlegt werden, an welche E-Mail-Adresse beispielsweise Lieferscheine verschickt werden sollen. So läuft der E-Mail-Versand weitestgehend automatisch ab. Kunden erhalten ihre Rechnungen schneller, Portokosten werden eingespart und Mitarbeiter werden entlastet. 

Digitale Warenverfolgung für schnellere Kundenauskünfte 

Viele Oberflächenveredler werden von Kunden angerufen, die nach ihrer Ware und deren Fertigstellung fragen. Oft wird der Kunde dann auf einen Rückruf vertröstet und Mitarbeiter begeben sich auf die Suche nach der Ware oder telefonieren die Fertigungshallen durch. Diese Kundenanfragen belasten also oft mehrere Mitarbeiter und sind mit enormem Zeitaufwand verbunden. Eine Lösung in der Digitalisierung dafür ist eine digitale Warenverfolgung. Mit RFID-Technologie können Behälter durch die gesamte Produktion verfolgt werden und der Standort der Behälter ist in Echtzeit im ERP-System abrufbar. Damit kann bei einem Kundenanruf sofort reagiert werden. Ein Mitarbeiter prüft im System den Auftrag und zugehörige Behälter, weiß sofort, in welchem Produktionsschritt sich die Ware befindet und kann eine präzise Schätzung zum Liefertermin abgeben. Der Kunde ist zufrieden und Mitarbeiter sparen sich die Suche.

Von der Digitalisierung zur „Smart Factory“

Je mehr Prozesse digitalisiert werden, desto mehr Informationen können vernetzt werden. Dadurch entsteht ein Informationsnetz, in dem alle Unternehmensbereiche miteinander kommunizieren, Informationen austauschen und Prozesse immer weiter optimieren.

Bei Oberflächenveredlern können beispielsweise auch Anlagen in die Vernetzung eingebunden werden und eigene Simulationen durchführen, die wiederum zentral verarbeitet werden. Auch künstliche Intelligenz (KI) kann zum Beispiel unterstützend überall da zum Einsatz kommen, wo sehr viele Faktoren zusammenspielen und berücksichtigt werden müssen. Deshalb eignet sich KI hervorragend für die Maschinenbelegungsplanung.

Anlagenkopplung oder KI müssen aber nicht gleich der Startpunkt für Digitalisierung sein. Um mit der Digitalisierung zu starten, wird nur ein Prozess benötigt, der optimiert werden soll. Und das kann auch einfach bedeuten, dass Rechnungen nicht mehr per Post, sondern per Mail versendet werden.

Im Mittelpunkt der Überlegungen sollte die Frage nach dem Nutzen stehen: Wo kann ich einen höheren Nutzen für meine Kunden, für mein Unternehmen oder unsere Umwelt generieren. Selbst wenn die Prozesse auch analog schon sehr gut funktionieren, digitalisierte Prozesse entlasten die Mitarbeiter und beschleunigen die Abläufe. Dies senkt wiederum die Kosten.

Veröffentlicht in WoMag 05/2020